Eines gleich vorweg: Wir von ForumF hegen keinen Generalverdacht gegenüber Anbietern von Finanzprodukten, die eine hohe Rendite und parallel ein geringes Risiko versprechen. Keineswegs. Denn wie will man potenzielle Anleger sonst hinter dem Ofen hervorholen? Mit geringer Rendite und hohem Risiko? Eben. Aber es gibt Grenzen. Und die werden genau dort gezogen, wo es kriminell wird. Und das wurde es im abgelaufenen Jahr öfter als je zuvor.
Wenn man die Beschwerden bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) als Gradmesser nimmt, dann war 2020 ein Rekordjahr in Sachen Finanzbetrug: Noch nie wurden so viele Österreicher Opfer von Finanzbetrügern. Tatsächlich bei der FMA angezeigt haben die vermeintlichen Finanzbetrüger (ja, auch hier gilt bis zur Verurteilung durch ein ordentliches Gericht die Unschuldsvermutung) exakt 594 Österreicherinnen und Österreicher. Und das ist wohl nur die Spitze des sprichwörtlichen Eisberges, denn es ist davon auszugehen, dass im Vorjahr deutlich mehr Österreicher Opfer von Finanzbetrügern wurden, diese aber von einer Anzeige bei der FMA absahen, weil unversteuerte Gelder veranlagt werden sollten, weil sie sich für ihre Leichtgläubigkeit schämen oder weil – und auch das soll es geben – sie gar nicht wissen, dass es die FMA gibt und dass man dort entsprechende Missstände zur Anzeige bringen kann. Dass jene Österreicherinnen und Österreicher, die einem Halunken aufgesessen sind, der ihnen eine gigantische Rendite bei faktisch null Risiko versprochen hat, den Weg zur FMA scheuen, ist auch deshalb erstaunlich, da es sich um keine Bagatellebeträge handelt, die da in zweifelhafte Finanzprodukte investiert wurden: Der durchschnittliche Schaden der Betrogenen lag im Vorjahr bei geschmalzenen 42.000 Euro.
Was der Grund für den Rekordwert im Vorjahr ist und warum die Zahl der – dokumentierten – Betrugsfälle im Zeitraum von 2017 bis 2020 um 100 Prozent gestiegen ist, hat laut FMA mit dem anhaltenden Niedrigzinsumfeld sowie dem digitalen Wandel zu tun. Fakt ist aber auch, dass Menschen schon immer das geglaubt haben, was ihnen gefällt und was einfach schön wäre. Nur manchmal entspricht eben das, was einem gefällt und was schön wäre, nicht der Realität, sondern ist schlicht und einfach ein Fall für die FMA.
Das Image der FMA mag im Vorjahr im Zuge der Commerzialbank-Pleite ein wenig in Mitleidenschaft gezogen worden sein – in Sachen Anlagebetrug ist die FMA allerdings weiterhin eine seriöse Anlaufstelle, wenn man wissen will, ob gegen einen Anbieter von Finanzprodukten bereits Warnmeldungen vorliegen, ob dieser Anbieter und seine Produkte überhaupt zum Markt zugelassen ist und anhand welcher Kriterien man den Finanzbetrugsbraten schon von weitem riecht.
Apropos „den Braten riechen“: 40 Prozent der 594 bei der FMA monierten Betrugsfälle im Vorjahr basieren auf telefonischen Anlagetipps, wie sie – so das subjektive Gefühl – im vergangenen Jahr stark zugenommen haben. 60 Prozent basieren auf „todsicheren“ Anlagetipps im Internet. Und: 50 Prozent der Betrugsfälle stehen aktuell in Zusammenhang mit Investitionen in Kryptowährungen. Aber auch hier gilt, wie bereits eingangs erwähnt, die Vermeidung eines Generalverdachts.