ForumF: Blockpit ist ein österreichisches Unternehmen: Ist das im Krypto-Bereich international eher ein Vorteil, Nachteil oder belanglos? Und wo findet die Entwicklung statt, auch ausschließlich in Österreich?
Florian Wimmer: Der Standort Österreich ist für uns durchaus vorteilhaft, da Österreich momentan das Potential hat EU-weit Vorreiter bei der Regulierung von Digitalen Assets zu werden. Wir nehmen wahr, dass die Weichen zwar langsam aber stetig dahingehend gestellt werden; jedoch bedarf es noch viel Zusammenarbeit und Abstimmung bezüglich der Regulatorik im Krypto-Bereich. Unser Team ist international in aller Welt tätig, wobei die Entwicklung großteils in Linz gemeinsam mit Remote-Entwicklern in den einzelnen Ländern stattfindet. Dies ist anders auch kaum möglich, da wir mit unseren Algorithmen bis 2023 alle EU-Länder mit ihren jeweiligen spezifischen gesetzlichen Vorgaben abdecken und auch stets auf dem neustens Stand halten wollen.
ForumF: Vor etwas über einem Jahr hat Blockpit das Münchner Unternehmen CryptoTax geschluckt und von einer Übernahme auf „Augenhöhe“ gesprochen. Wie hat die Integration und die Zusammenarbeit bisher geklappt?
Wimmer: CryptoTax hatten wir als seriösen Mitbewerber schon lange am Schirm, jedoch hat sich die strategische Ausrichtung auf B2B von der unsrigen unterscheiden. Da lag ein Zusammenschluss auf der Hand, um im DACH-Raum und darüber hinaus für alle MarktteilnehmerInnen das beste Angebot in diesem Sektor anbieten zu können. Bei dieser Fusion konnten wir viele Synergien nutzen, von denen am Ende auch unsere Nutzer stark profitiert haben.
ForumF: Die Politik ist meist recht langsam. Agiert oder reagiert der Finanzminister Ihrer Meinung nach mit seinem Vorschlag über die steuerliche Gleichbehandlung von Aktien und digitalen Assets?
Wimmer: Wir finden es gut, dass die Politik mit dem nötigen Feingefühl an die derzeitigen Entwicklungen herangeht. Vieles muss aber noch abschließend geklärt werden, um Fallstricke oder eine starke Benachteiligung der Krypto-Anwender zu vermeiden, denn das aktuelle Wertpapier- und Steuerrecht ist aufgrund der technologischen Vielfalt der Blockchain und der Kryptoassets (z.B. beim Staking oder Lending) nicht einfach so eins zu eins darauf anwendbar. Ein übereilter Beschluss, ohne sich mit den technologischen Feinheiten und Möglichkeiten der Blockchain-Technologie im Finanzsektor eingehend zu beschäftigen, würde die Innovation in dem Bereich immens ausbremsen. Dies ist zwar eine Gefahr, aber gleichzeitig auch eine Chance, um hier eine Vorreiterrolle in der EU einzunehmen und so Österreich als Standort für die Blockchain-Ökonomie im Finanzsektor zu etablieren.
ForumF: El Salvador hat als erstes Land weltweit Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptiert. Werden weitere Länder folgen oder ist das nur ein gewagtes Experiment und attraktiv für Kriminelle?
Wimmer: Wir gehen davon aus, dass viele Länder sich die Entwicklungen in El Salvador genau ansehen und ihr eigenen Schlüsse daraus ziehen werden. Ein dezentrales Geldsystem als staatlich anerkanntes Zahlungsmittel bringt natürlich viele Vorteile, aber auch viele Hürden, die noch geklärt werden müssen. Man denke da beispielsweise an den internationalen Handel. Darüber hinaus sind durch die Transparenz der Bitcoin-Blockchain und auch durch zunehmende Software-Lösungen im Know Your Transaction-Bereich (KYT), wie zum Beispiel unser eigens entwickeltes Blockpit KYT-Tool, die meisten Kryptoassets mittlerweile sehr unattraktiv geworden für kriminelle Handlungen.
ForumF: Die DAC-8-Richtlinie der Europäischen Union sieht vor, dass Krypto-Börsen Daten direkt an die Finanzämter liefern, um überhaupt erst Kontrollen der korrekten Versteuerung zu ermöglichen. Was sagen Sie dazu?
Wimmer: Diese Richtlinien bestehen im klassischen Finanzmarkt ja schon seit Jahren, zum Beispiel beim Aktien-Broker der Hausbank, der ja auch die notwendigen Daten einholt und gegebenfalls an die Behörden weiterleiten muss – Stichwort: Automatisierte Steuerabführung. Dies soll mit der DAC-8-Richtlinie ja nur auf Krypto-Assets und die zugehörigen Finanzdienstleister ausgeweitet werden. Hier geht es unseres Erachtens nach in erster Linie nicht darum bisherige Trader an den Pranger zu stellen oder zu kriminalisieren, sondern eher darum, eine Regulatorik für ein legales Trading (eventuell inklusive automatisierter Steuerabführung, wie es bei Aktien der Fall ist) überhaupt erst zu ermöglichen.
ForumF: Stichwort steuereinfach: Ist es denkbar, dass die Trading-Plattformen gleich direkt für die User die Steuern an den Fiskus abführen?
Wimmer: Ja, dies ist definitiv denkbar, vor allem in Verbindung mit der kommenden DAC-8-Richtlinie. Der aktuelle Entwurf der Kryptosteuerreform in Österreich sieht dies ab 2023 sogar bereits vor. In der Praxis könnte die Umsetzung jedoch einige Probleme mit sich bringen, da Trading-Plattformen natürlich nur über die eigenen Daten verfügen, nicht jedoch über Daten von anderen Plattformen oder aus dem Bereich Decentralized Finance. Das bedeutet, dass der Nutzer bzw. die Nutzerin einen Nachweis über Anschaffungskosten und ‑datum von eingezahlten Assets erbringen müsste, um später realisierte Gewinne bzw. Verluste korrekt zu berechnen und die richtige Menge an Steuer einzubehalten. Dies bringt einen enormen Verwaltungsaufwand mit sich und ist ohne umfassende Softwarelösungen fast unmöglich. Wir arbeiten bereits daran, solche Services für Trading-Plattformen in mehreren Ländern anzubieten.
ForumF: Aktuell ist auch davon die Rede, dass die EU-Kommission durch die Geldwäsche-Richtlinie anonyme Wallets verbieten will. Ist das überhaupt praktisch umsetzbar?
Wimmer: Es kommt drauf an in welchem Rahmen. Krypto-Wallets können für jede beliebige Blockchain ohne viel Aufwand selbst erstellt und auch für Transaktionen oder für das Mining genutzt werden. Hier ist eine Kontrolle natürlich schwierig und auch nicht zielführend. Die EU-Kommission will eher die Know Your Customer-Prozesse (KYC) reglementieren, wie es bei einem klassischen Aktienhandel ja auch der Fall ist, sodass Krypto-Börsen die dort angemeldeten Wallets eindeutig einem Klienten zuweisen müssen. Dies ist einfach umsetzbar und im Sinne der Transparenz und Legalität des Handels auch vorteilhaft. So gut wie jede große Börse, wie z.B. Coinbase, Binance oder Kraken, hat einen Sitz innerhalb der EU. Die müssen dann ebenfalls aufgrund der DAC‑8 die Transaktionsdaten mit den zugehörigen Wallets verknüpfen. Genau hier kommt Blockpit ins Spiel, denn wir können mit unserer Software eindeutige Herkunftsnachweise durch die Verknüpfung mit den Wallets oder der Börsen API automatisiert bereitstellen, die im Falle einer Auszahlung auf ein europäisches Bankkonto aufschlüsseln, woher die Geldflüsse stammen und wie hoch die zu versteuernden Gewinne sind. Trader haben damit jederzeit einen Überblick der aktuellen Steuerlast und auch, welche potentiellen Steuerpflichten ein möglicher Trade in Zukunft auslösen würde. Somit ist man gut vorbereitet, sollten die Behörden einen Nachweis verlangen.
Blockpit wurde 2017 von Florian Wimmer, Mathias Maier, Gerd Karlhuber, Patric Stadlbauer sowie Gert Weidinger in Linz gegründet und setzt sich intensiv mit Kryptowährungen, digitalen Vermögenswerten sowie den ökonomischen Anwendungsfeldern hiervon auseinander.