Egal wie es letztlich mit der britischen Bitte um Verschiebung des Brexit ausgeht: Die vergangenen Monate rund um den Austritt des Vereinigten Königsreiches aus der Europäischen Union sind wohl für alle Anhänger der liberal–demokratischen parlamentarischen Demokratie eine sehr herbe Enttäuschung. Was sich da in London seit Monaten abspielt ist leider Wasser auf die Mühlen jener, die es schon immer gewusst haben wollen: Die pluralistisch strukturierten Parlamente können keine nachhaltigen Probleme lösen. Es muss eine starke Hand her… .
Die Enttäuschung im „Einzelfall“ Großbritannien ist besonders groß. Galten doch die Briten als eher kühle Strategen, tendenziell leidenschaftslose Pragmatiker und vor allem auf das Wohlergehen der eigenen Wirtschaft bedachte Realpolitiker.
Das politische Schauspiel im Britischen Unterhaus, von einigen der Premierministerin wohlgesinnten Kommentaren als gefinkelte Pokerpartie oder als Billard über drei Banden interpretiert, geriet aus dem Ruder. Spätestens ab dem Zeitpunkt, ab dem sich der „Speaker“ des House of Commons geschäftsordnungsmäßig auf das frühe 17. Jahrhundert berief ist klar: Der britische Parlamentarismus ist tatsächlich in einer Verfassungskrise. Keine Präsidiale, keine Klubobmänner- Zusammenkunft , kein Ältestenrat. Statt dessen lautes Geschrei im desorientierten Plenum … .
Nicht auszudenken solches passierte in Deutschland, den Niederlanden oder Österreich. Die geballte Kraft der Medien und der politologischen Expertise würde den politischen Notstand ausrufen und das Ende des demokratischen Abendlandes beschwören.
Für die international eng vernetzte Ökonomie und das ebenso wie für die Kapitalmärkte Gift. Aber, wer weiß ? Vielleicht gibt es doch die ur–britische Deeskalation in letzter Minute. Mit Schirm, Charme und Melone.