Als die Gebrüder Wright rund um das Jahr 1900 ihre ersten Flugversuche unternahmen und dafür Maschinen bauten, die für die meisten ihrer Mitmenschen grotesk ausgesehen haben müssen, wurden sie zu Beginn müde belächelt und mit Häme überschüttet. Dass das Brüderpaar verrückt sei und hoffnungslose Träumer bleiben würden, waren wohl noch die liebvollsten Bezeichnungen, die die beiden über sich ergehen lassen mussten. Und doch haben Wilbur und Orville Wright durch ihren Forschergeist und ihre Beharrlichkeit den Grundstein für die moderne Luftfahrt gelegt, die uns allen das Reisen massiv erleichtert.
Obwohl heute ein anderer Spirit herrscht, weil es ja hipp und interessant ist, ein Start-up-Founder zu sein, werden die wahren Pioniere, die Dinge versuchen, die bis vor Kurzem noch undenkbar erschienen sind, milde belächelt. Was nicht sein kann, darf nicht sein und darum wird es gleich einmal durch den Kakao gezogen – auch, um sich selbst zu erhöhen. Und das ist hierzulande nicht anders, als etwa im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Ja, in Nuancen ist die Basiseinstellung zu mutigen Innovatoren eine andere, aber im Grunde hat es der Tüftler da und dort nicht leicht, weil hinter jeder Straßenecke jemand lauert, der sich über die ersten Gehversuche einer neuen Technologie lustig macht. Das Leben ist mitunter eine Abfolge von Pointen – wie die Endlosschleife von „How I met your mother” und „Two and a half men”. Und deshalb war es eigentlich logisch und konsequent, dass die Häme in den sozialen Medien groß war, als vor wenigen Tagen knapp zehn autonom fahrende Robotaxis vom Mobility-Start-up Cruise an einer Straßenkreuzung in San Francisco kollektiv ihren Geist aufgaben.
Wie sich später herausstellte, war die Verbindung zur Cloud an genau dieser Straßenkreuzung unterbrochen, weshalb sich die autonomen Cruise-Fahrzeuge allesamt in einen Notfallmodus zurücksetzen und den Motor abstellten. In weiterer Folge musste dann wieder der gute alte Mensch ans Steuer und die Robotaxis wegfahren, damit der Verkehr wieder normal fließen konnte. Fazit: Not a big thing. Die Entwickler haben wieder etwas dazugelernt. Und bei der nächsten Ausfahrt ist man entsprechend gewappnet. Aber wie enttäuschend muss es für das innovative Unternehmen sein, wenn tausende drittklassige Sprüche auf die General-Motors-Tochter Cruise niederprasseln? Ja: Wer den Schaden hat, muss für den Spott nicht sorgen. Aber geht’s nicht auch anders? Kann man den Innovatoren, die gerade unser aller Leben verändern und an cleveren Konzepten für die Lösung von Alltagsproblemen arbeiten, nicht ein wenig Respekt entgegenbringen? Eben. Und das gilt für Mobilitätsbranche genau so wie für Finance Industry, wo den Disruptiven auch regelmäßig mit Spott und Häme begegnet wird. Think about it.