Neben den mittlerweile etablierten, klassischen Testvorgehensweisen (z.B.: mit dem linearen Wasserfall), hat in den vergangenen Jahren die agile Vorgehensweise (z.B. SCRUM) im Software-Testing zunehmend an Bedeutung gewonnen. Christoph Tambasco, Verantwortlicher für den Software-Test eines großen deutschen Fondshauses, berichtet im nachfolgenden Interview über seine Erfahrungen und die sich ergebenden Chancen.
ForumF: Weshalb hat sich Ihr Haus dazu entschieden, agile Testmethoden einzusetzen?
Christoph Tambasco: Geht es darum, dass man von vielen Feedback-Schleifen profitieren will, um eine Produktentwicklung im laufenden Testbetrieb nach Vorgabe der Anforderer/Stakeholder entsprechend anzupassen und schneller umzusetzen (time-to-market), ist SCRUM die bessere Methode. Eine entsprechend agile Projektstruktur ist dabei zwingend erforderlich.
ForumF: Welche Anforderungen werden nach dem linearen Wasserfallmodell umgesetzt?
Tambasco: Ich empfehle, folgende Fragen vorab zu klären: Ist ein langer Planungshorizont notwendig, weil beispielsweise die Inhalte sehr komplex sind oder viele verschiedene Systeme betroffen sind und Schnittstellen noch nicht mit agile Entwicklungsprojekten arbeiten? Gibt es vielleicht viele Abhängigkeiten, die übergreifend koordiniert werden müssen? Dann tendieren wir –aus Erfahrungswerten – eher zum Wasserfall.
ForumF: Wie können Sie sich zwischen den Verfahren entscheiden?
Tambasco: Um herauszufinden, welche Testmethodik am geeignetsten ist, muss ein frühes inhaltliches Verständnis erfolgen. Dabei wird evaluiert, Aufwände werden geschätzt und es wird gemeinsam klassifiziert, welche Verfahren in Frage kommen könnten. Wir kommen aus dem Wasserfallmodell. Natürlich hat diese Herkunft einen gewissen Einfluss.
ForumF: Wie geht es nach der Entscheidung für eines der Verfahren weiter?
Tambasco: Wenn die Anforderung einer Methodik zugeordnet wurde, kümmern sich Umsetzungsverantwortliche (Product Owner/Implementierungsmanager) um die Anforderungsumsetzung in ihren Teams. Dabei beinhalten beide Methoden die Einbindung der Fachkonzeptionierung, der Entwicklung und der Testabteilung, dies sorgt für eine gemeinsame Abstimmung von Beginn an und vermeidet Falschinterpretationen sowie Missverständnisse.
ForumF: Wie ist es Ihnen gelungen, die neue Vorgehensweise im Zweiklang zu implementieren und welche Hindernisse gab es?
Tambasco: Mit einem Pilotprojekt und sehr viel Kommunikation. Dabei hat man zunächst dogmatisch die beiden unterschiedlichen Testmethoden einseitig verteidigt und sogar gegeneinander ausgespielt, anstatt die Vorteile aus beiden Welten in hybrider Vorgehensweise unter einem Dach zu vereinen und so vom Besten aus beiden „Welten“ zu profitieren. Ein Vorteil war sicherlich die ständige Weiterentwicklung der klassischen Testmethodik, welche bereits agile Impulse aufgegriffen hatte. Beispielsweise Elemente aus dem Kanban, die Einführung von Implementierungsmanagern oder die frühe Einbindung aller Stakeholder in das Projekt.
Folglich war der Schritt vom Wasserfall auf das agile Vorgehen für die Teams einfacher. Wichtig war das Vertrauen in die einzelnen Personen und die Bildung eines Teams, welches sich gegenseitig unterstützt. Natürlich gab es auch chaotische Situationen. Es benötigt Zeit, bis Personen sich aneinander gewöhnen und Veränderungen Fahrt aufnehmen. Mit mehr Gestaltungsmacht auf Ebene des Teams und dem Hineinführen in neue Strukturen, wie beispielsweise mit der Technik des Scrum Poker, ist die Einführung einer agilen Testmethodik gelungen.
ForumF: Welche Lessons Learned haben sich ergeben und was würden Sie rückblickend etwas anders gestalten?
Tambasco: Die Einführung von agilen Testteams hat sicherlich nicht zu einer sofortigen Kostenreduktion geführt. Die Mehrbelastung von Team-Mitgliedern mit Anforderungen in beiden Verfahren hat zugenommen. Teilweise war es nicht möglich, spezialisierte Tester zielgerichtet zu platzieren.
ForumF: Welches Fazit können Sie aus der hybriden Projektstruktur ziehen?
Tambasco: Die Erfahrung zeigt, dass eine richtig eingesetzte hybride Vorgehensweise einen Projekterfolg signifikant verbessern kann, da hierbei die Stärken aus dem klassischen und agilen vereint und neu kombiniert werden. Für den Erfolg der hybriden Projektstruktur ist ein permanentes Nachjustieren erforderlich. Teamübergreifende und granulare Retrospektiven sind notwendig, um Erfolge zu erzielen.
Wir freuen uns, Herrn Tambasco bei diesem Projekt unterstützen zu dürfen. Agilität ist Teil unseres Beratungsspektrums und wir freuen uns, die langjährige Zusammenarbeit weiter fortzusetzen.