Das optimierte Filialkonzept der Sparkassen verfolge – so Peter Bosek, der in der Erste Group im Vorstand für Retail verantwortlich ist – mehrere Zielsetzungen: „Wir müssen länger als bisher für den Kunden verfügbar sein. Ich kann nicht sogen: Lass ‚mich bitte Teil Deiner Wertschöpfungskette sein, aber um 15 Uhr ist Schluss. Das Angebot, über die Öffnungszeiten hinaus Beratungstermine zu vereinbaren, hat sich bestens bewährt.“
Die Routine könne digital abgewickelt werden, so Bosek, wer in die Filiale komme, der habe aber im Regelfall ein Problem, für das er rasch eine Lösung braucht. Der Erfolg des Onlinebankings namens GEORGE beweise, dass der digitale Komfort – nicht das Alter der Nutzer – über die Akzeptanz einer digitalen Dienstleistung entscheide. Im Beratergespräch gehe es dann meist um komplexere Themen. Entscheidend für das neue Filialkonzept sei der Kundenbedarf. „ Wenn die Kunden Bedarf an Bargeld haben, dann ist dieses von uns bereit zu stellen und die Debatte über die bargeldlose Gesellschaft bleibt aus unserer Sicht eine politische Auseinandersetzung.“
Man spreche sehr gerne persönlich mit den Kunden, das Digitalangebot könne den persönlichen Kontakt nicht völlig kompensieren. Doch der persönliche Kontakt mit der Bank habe mittlerweile eine erhöhte Wertigkeit. „Mir ist deshalb auch bewusst, dass der Wechsel der Betreuer bei den Kunden sehr unbeliebt ist. Doch leider sind Fluktuationen unvermeidbar“, so Bosek, der beim Strukturwandel in den Filialkonzepten generell neue Herausforderungen ortet. „Unsere Kunden haben in den Filialen mittlerweile andere Erwartungshaltungen. Die Problemlösung steht im Mittelpunkt und wir müssen diese dem Kunden verständlich machen. Die von uns jahrelang verwendete, schwer verständliche Fachterminologie hat endgültig ausgedient.“
Deshalb sei die Qualifizierung der Mitarbeiter – also das systematisch verfolgte und laufend verbesserte Ausbildungskonzept – das entscheidende Asset. „Unser Erfolgsmaßstab ist die Problemlösungskompetenz der Berater und nicht die Anzahl der installierten Automaten im Foyer. Wir leben von der Qualität der Mitarbeiter.“
Aktuell sieht Bosek nach wie vor viel Beratungsbedarf im Wertpapierbereich: „Wer im aktuellen Zinsumfeld auch nur eine bescheidene Rendite für Anlagen erzielen will, der kommt am Wertpapier nicht vorbei.“ Doch sei die Scheu – vor allem vor der Aktie – noch sehr stark verankert, unterstreicht Bosek, der bei der Verbesserung der Financial Literacy hierzulande noch „viel Luft nach oben“ ortet. Die Politik des billigen Geldes werde wohl noch einige Zeit fortgesetzt werden, aber immerhin zeichne sich jetzt schon eine leichte Zinserhöhung am „langen Ende“ ab. Jedenfalls sei der Abschluss von Fixzinskrediten weiterhin dringend anzuraten. „Eine Zinserhöhung seitens der EZB wird es geben. Daher ist jeder variable Kredit eine Zustimmung zu ansteigenden Zinszahlungen.“
Das Primärmittelaufkommen sieht Bosek als einen erfreulichen Indikator des Vertrauens in die Sparkassen generell und den ungebrochen hohen Kundenzuwachs als Ergebnis der Kundenorientierung, aber auch der geltenden wettbewerbspolitischen Rahmenbedingungen. „Das macht uns verständlicherweise auch etwas stolz!“