Nachdem sich der seit dem Frühjahr überschießenden Aufschwungs in der österreichischen Industrie in den vergangenen Monaten etwas beruhigt hat erhöht sich das Erholungstempo im September wieder etwas. „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex ist im September auf 62,8 Punkte gestiegen. Damit wurde die schrittweise Verlangsamung der Industriekonjunktur über den Sommer gestoppt. Das Wachstumstempo der österreichischen Industrie festigt sich auf einem überdurchschnittlich hohen Niveau und nimmt Kurs auf einen Produktionsanstieg im Gesamtjahr 2021 von etwa 8,5 Prozent real“, sagt UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Im Jahr 2020 war die Produktion in der Sachgütererzeugung pandemiebedingt um 7,5 Prozent real eingebrochen.
Der erneute konjunkturelle Aufwind in der heimischen Industrie überrascht bei einem Blick auf die einheitlich negativen internationalen Vorgaben. „Die vorläufigen Einkaufsmanagerindizes für die USA, das Vereinigte Königreich und auch für den Euroraum zeigen zwar weiterhin ein hohes Wachstumstempo an, haben im September ihre rückläufige Tendenz jedoch fortgesetzt. In Europa hat vor allem der klare Rückgang im Kernmarkt Deutschland auf 58,5 Punkte den Trend bestimmt. Die im Gegensatz zur europäischen Entwicklung stehende Verbesserung der Industriekonjunktur im September in Österreich schätzen wir daher nur als kurzfristige Unterbrechung der konjunkturellen Beruhigung ein, die vorrangig auf die beschleunigte Aufarbeitung von aufgestauten Auftragsrückständen zurückzuführen sein dürfte“, so Bruckbauer.
Kräftige Produktionsausweitung trotz weniger Neugeschäft
Die heimischen Betriebe haben im September ihre Produktionsleistung deutlich ausgeweitet. Nach drei rückläufigen Monaten stieg der Produktionsindex auf 59,2 Punkte und zeigt damit ein weit über dem langjährigen Durchschnitt liegendes Expansionstempo der österreichischen Industrie an. „Die heimische Industrie hat im September die Ausweitung der Produktion beschleunigt, obwohl das Neugeschäft mittlerweile den dritten Monat in Folge sinkt. Während die Nachfrage aus dem Ausland wieder an Dynamik gewonnen hat, dämpfte die ungünstigere Auftragsentwicklung aus dem Inland“, sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Trotz des Rückgangs weist der Index für das Neugeschäft mit 58,5 Punkten weiterhin auf ein stark wachsendes Auftragsvolumen in der heimischen Industrie hin, jedoch mit dem geringsten Tempo des vergangenen halben Jahres.
Im Einklang mit dem langsameren Auftragswachstum im September und vor allem auch der beschleunigten Erhöhung der Produktion steht der weit geringere Anstieg der Auftragsrückstände im Vergleich zum Vormonat. Der Index der Auftragsrückstände sank um fast vier auf 61,0 Punkte. Trotz der Verlangsamung des Anstiegs der Auftragsrückstände der heimischen Industriebetriebe haben sich die Lieferfristen der Zulieferer nach drei Monaten erstmals wieder verlängert, was vorläufig auf keine Entspannung der Probleme in den globalen Lieferketten hindeutet.
Preise ziehen weiter an
Angesichts des rückläufigen Neugeschäfts haben die österreichischen Industriebetriebe im September die Einkaufsmenge an Vormaterialien und Rohstoffen weniger stark erhöht als in den Vormonaten. Trotzdem sind die Bestände in den Vormateriallagern im Durchschnitt stärker gestiegen. Dagegen haben aufgrund der dynamischen Nachfrage die Bestände in den Verkaufslagern weiter abgenommen.
Das verringerte Wachstumstempo der Einkaufsmenge der österreichischen Betriebe hatte auch keine dämpfende Wirkung auf die Preisdynamik. „Bestimmt durch angebotsseitige Engpässe in der Produktion und im Transport hat sich der Preisauftrieb im Einkauf für Vormaterialien und Rohstoffe der Industrie wieder beschleunigt. Die heimischen Betriebe waren im September dank einer starken Nachfrage besser als in den Vormonaten in der Lage den Kostenanstieg an die Kunden weiterzugeben, dennoch hat sich im Durchschnitt die Ertragslage tendenziell weiter verschlechtert“, so Pudschedl. Die Probleme in den globalen Lieferketten dürften noch einige Zeit anhalten und sich nur langsam entspannen, so dass auch in den kommenden Monaten weiterhin mit einem starken Auftrieb der Preise zu rechnen ist, wenn auch das Tempo schrittweise nachlassen sollte.
Produktionsausweitung ermöglicht Fortsetzung des Jobaufbaus – wenn auch etwas verlangsamt
Neben den hohen Materialkosten könnte der Aufschwung auch durch stark steigende Personalkosten belastet werden. Die kräftige Erholung der Industriekonjunktur hat seit Beginn des laufenden Jahres zu einem stetigen Beschäftigungsaufbau und einer Verengung des Angebots am Arbeitsmarkt geführt. Auch im September wurde die Anzahl der Jobs in der Industrie wieder erhöht, wenn auch der leichte Rückgang des Beschäftigtenindex auf 62,2 Punkte eine geringfügige Tempoverlangsamung beim Jobaufbau im Vergleich zum Vormonat anzeigt.
Mittlerweile liegt der Beschäftigtenstand in der Sachgütererzeugung mit saisonbereinigt 623.000 nur noch um rund ein Prozent unter dem Vorkrisenstand. Gleichzeitig sind in der heimischen Industrie derzeit über 12.000 Stellen unbesetzt, über 50 Prozent mehr als vor Ausbruch der Pandemie. Aufgrund des starken Rückgangs der Arbeitslosigkeit ist die Stellenandrangziffer in der österreichischen Industrie auf unter 2,0 gesunken. In Oberösterreich und in Salzburg kommt rein rechnerisch auf eine offene Stelle nur noch ein Arbeitssuchender.
„Die Arbeitslosenquote ist in der heimischen Industrie auf aktuell 3,5 Prozent gesunken. Der zeitliche Rückstand bei der Rekrutierung von neuem Personal aufgrund des überraschend hohen Erholungstempos, den die hohe Anzahl an offenen Stellen widerspiegelt, spricht für eine weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit in den kommenden Monaten. Im Gesamtjahr 2021 wird die Arbeitslosenquote nach höheren Werten zu Jahresbeginn im Durchschnitt voraussichtlich 3,9 Prozent betragen, nach noch 4,9 Prozent im Vorjahr. Der Vorkrisenwert aus 2019 von 3,7 Prozent wird damit bereits fast erreicht werden“, meint Pudschedl. Damit wird die Arbeitslosenquote in der Industrie weiterhin deutlich unter jener in der Gesamtwirtschaft von geschätzten 8,3 Prozent im Jahresdurchschnitt 2021 liegen.
Optimismus bleibt hoch
Der Anstieg des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im September entgegen dem internationalen Trend ist voraussichtlich nur als temporär einzuschätzen, bestätigt aber die Nachhaltigkeit und Robustheit des laufenden Konjunkturaufschwungs der österreichischen Industrie ungeachtet von Problemen in den globalen Lieferketten und der verstärkten Ausbreitung neuer Virusvarianten. Nach dem überschießenden Aufschwung aus der Pandemie in der ersten Jahreshälfte ist dennoch mit einer leichten Verlangsamung der Industriekonjunktur in den kommenden Monaten zu rechnen, angezeigt durch die nachlassende Nachfragedynamik.
„Der Industrieaufschwung in Österreich setzt sich fort, wenn auch das Tempo mittelfristig etwas nachlassen dürfte. Während das Auftrags-Lager-Indexverhältnis bei sogar leichtem Anstieg anzeigt, dass die Bestände in den Verkaufslagern nicht ausreichen, um die Auftragseingänge ohne eine weitere Steigerung der Produktionsleistung zu bewältigen und damit unmittelbar eine besonders kraftvolle Erholung verspricht, ist in der aktuellen Umfrage der Erwartungsindex für die Produktion in zwölf Monaten gesunken“, meint Bruckbauer und ergänzt abschließend: „Mit einem Indexwert von 65,3 Punkten schätzen die heimischen Betriebe die Geschäftsaussichten auf Jahressicht zwar nicht mehr so positiv wie im vergangenen Halbjahr ein, sind aber weiterhin sehr optimistisch.“