„Künstliche Intelligenz wird kurzfristig überschätzt, langfristig jedoch unterschätzt – denn sie wird die Art und Weise, wie wir leben und arbeiten, massiv verändern“, betonte Wolf Gerlach, Vorstand Operations bei UNIQA Insurance Group, bei einem Pressegespräch zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) in Wien. Gerlach skizzierte ökologische, makroökonomische, gesellschaftliche und technologische Veränderungen, die das operative Modell der Versicherungsbranche nachhaltig beeinflussen: Die Erderhitzung führt sowohl in Anzahl als auch in Stärke zu mehr Schäden. Das erfordert neue Herangehensweisen, um die KundInnen bestmöglich zu servicieren. Die Inflation verteuert die Beseitigung von Schäden, gleichzeitig ist das Umfeld für Veranlagungen herausfordernd. Somit erhöht sich der Druck, die operative Abwicklung kosteneffizienter zu gestalten. Zudem wird der demografische Wandel schlagend: Die Generation der so genannten Babyboomer geht in Pension, dementsprechend verschärft sich der Fachkräftemangel weiter.
Roboter haben 11.000 Stunden Arbeit übernommen
„Um diese aktuellen Herausforderungen zu meistern und vor allem unseren Kundeninnen und Kunden auch in Zukunft die gewohnt hohe Servicequalität zu bieten, spielen „Robotics Process Automation“ und künstliche Intelligenz eine wesentliche Rolle“, betont Gerlach und erklärt weiter: „Im Kundenservice finden sich beispielsweise viele Anwendungen für Roboter. Das schafft den Raum für unsere Mitarbeitenden sich mit mehr Zeit und intensiver um Kundinnen und Kunden zu kümmern.“
Roboter – es handelt sich dabei um Software – übernehmen in erster Linie einfache, repetitive Tätigkeiten und sind eine Ergänzung zur täglichen Fallbearbeitung. Sie kommen etwa im Bereich KFZ zur Anwendung: Cabrios und Motorräder werden zumeist nur im Sommer gefahren, der KFZ-Vertrag kann über den Winter stillgelegt werden. Diese Stilllegung übernimmt zum Beispiel ein Roboter. Bei UNIQA haben diese Automatisierungstechnologien im Bereich Kunde & Service Österreich im Jahr 2023 bereits mehr als 0,5 Millionen Fälle beziehungsweise Teilprozesse bearbeitet und dabei 11.000 Stunden an manueller Arbeit übernommen. Wichtig dabei: Ein Roboter lernt nichts dazu, es handelt sich nicht um KI.
Mitarbeitende für komplexe Aufgaben freispielen
„Der Moment der Wahrheit in der Beziehung zu unseren Kundinnen und Kunden ist das Schadensmanagement. Dabei zählt: Wie rasch können wir helfen, wie gut können wir auf die individuellen Bedürfnisse eingehen und schließlich: Wie lange dauert es, bis das Geld am Konto der Kundinnen und Kunden ist?“, bringt es Gerlach auf den Punkt. „KI ermöglicht es uns, dass wir schnell sind, wenn Kundinnen und Kunden uns brauchen. Das kann je nach Situation Unterschiedliches bedeuten, aber immer zum Vorteil der Kundinnen und Kunden“, so Gerlach weiter. „Dabei werden wir durch die Maschinen in Summe menschlicher: Denn simple Aufgaben übernimmt die KI, komplexe Aufgaben – bei denen auch Empathie und Mitgefühl gefragt ist – der Mensch.“
In diesem strategisch wichtigen Bereich des Schadensmanagements arbeitet UNIQA mit omni:us zusammen. Das KI-Unternehmen, an dem UNIQA beteiligt ist, hat sich auf Schadenautomatisierung spezialisiert.
Einige Highlights der Ergebnisse in Österreich: Innerhalb eines Jahres ist der Anteil der KFZ-Schäden, die bereits ohne menschliches Zutun bearbeitet werden, von 0 auf rund 17 Prozent gestiegen (Ende Q3 2023). 2023 wurden mehr als 8.000 KFZ Kasko-Schadenfälle von Anfang bis Ende durch KI erledigt, seit Mitte 2023 bereits über 6.000 Rechtsschutzfälle bearbeitet. Bei der Krankenversicherung wurden im Jahr 2023 bereits über 160.000 Leistungsfälle automatisiert verarbeitet. Dabei ist zu beachten: Muss eine Leistung abgelehnt werden, entscheidet dies niemals KI allein. Hier werden immer SchadenmitarbeiterInnen zur finalen Prüfung hinzugezogen.
Wie neue Technologien das Leben einfacher machen können, zeigt sich auch bei Einreichungen in der ambulanten Krankenversicherung: Einfach mit dem Handy den QR-Code auf der Apotheken-Rechnung scannen beziehungsweise die Apotheken-Rechnung fotografieren, mit der myUNIQA App hochladen und in kürzester Zeit haben die Kundinnen und Kunden das Geld auf dem Konto. Mit Ende Q3 wurden so schon knapp 22 Prozent der Einreichungen automatisch abgewickelt.
Ein weiteres Beispiel betrifft die schnelle Hilfe bei Unwettern, wie sie im Sommer 2023 etwa in Kärnten und in der Steiermark stattgefunden haben. KI-basierte Automatisierung beschleunigt den Bearbeitungsprozess enorm und ist daher besonders bei Schaden-Großereignissen essenziell, da innerhalb kürzester Zeit viele tausende Schadenmeldungen in gleichbleibender Qualität abgearbeitet werden können.
Drittkundengeschäft: Bereits zwei Kunden, hohes Potenzial
„Es handelt sich um keine Revolution von heute auf morgen – aber um eine Evolution, die zu einem Paradigmenwechsel beim operativen Betrieb von Versicherungen führen wird“, betont Gerlach. Gerlach zu Folge werde der Einsatz von qualifizierten Mitarbeitenden auch weiterhin das Rückgrat jeder hoch qualitativen, operativen Abwicklung bleiben. „Die Erfolge von UNIQA im Bereich Automatisierung und Künstliche Intelligenz und die damit einhergehenden Effizienzsteigerungen erlauben es uns erste Schritte im Bereich des Drittkundengeschäfts zu gehen“, betont Gerlach.
Konkret bedeutet das: Mitarbeitende von UNIQA, die durch Automatisierung bei UNIQA freigespielt werden, wickeln bereits für zwei Versicherungsunternehmen in Deutschland die Bearbeitung von Schäden ab. „Hier eröffnen sich neue Geschäftsmodelle, die wir 2024 weiter skalieren werden“, gibt Gerlach einen Ausblick. Derzeit werden bereits laufend neue MitarbeiterInnen eingestellt, um die bereits hohe Nachfrage abdecken zu können.