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Wolfgang Ronzal, ehemaliger Direktor und Bereichsleiter Filialen bei der Erste Bank in Wien, gegenwärtig Trainer und Berater für Banken, sowie gefragter Vortragsredner zu den Themen Vertrieb, Marketing, Führung, Motivation, Zielgruppe 50plus, Vorstandsmitglied im Finanz-Marketing Verband Österreich: „Alles was digitalisiert werden kann, wird früher oder auch später digitalisiert.“
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Wolfgang Ronzal, ehemaliger Direktor und Bereichsleiter Filialen bei der Erste Bank in Wien, gegenwärtig Trainer und Berater für Banken, sowie gefragter Vortragsredner zu den Themen Vertrieb, Marketing, Führung, Motivation, Zielgruppe 50plus, Vorstandsmitglied im Finanz-Marketing Verband Österreich: „Alles was digitalisiert werden kann, wird früher oder auch später digitalisiert.“

„Welcher Kunde lächelt im Automatenfoyer?“

Das Spannungsfeld zwischen fortschreitender Digitalisierung in der Finanzdienstleistung und der persönlichen Ansprache des Kunden beschäftigt Wolfgang Ronzal, den ehemaligen Direktor und Bereichsleiter Filialen bei der Erste Bank in Wien, sehr intensiv. Er stand dem ForumF für ein Interview zur Verfügung. Ronzal ist gegenwärtig Trainer und Berater für Banken, sowie gefragter Vortragsredner zu den Themen Vertrieb, Marketing, Führung, Motivation, Zielgruppe 50plus. Seit 2003 veranstaltet er den jährlichen Bankenkongress in Wien und ist Vorstandsmitglied im Finanz-Marketing Verband Österreich.

Milan Frühbauer: Herr Ronzal, Sie verfügen über langjährige Erfahrung im Bankenbereich und haben über die Zeit viele Veränderungen gesehen. Was sind aus Ihrer Sicht, heute die wesentlichen Elemente von Veränderungsprozessen?

Wolfgang Ronzal: Die Digitalisierung verändert das Kundenverhalten und die Customer Journeys, also die Kontakt- und Entscheidungswege der Kunden. Der Kunde kann heutzutage an jedem Ort und in jeder Situation seine Bankgeschäfte erledigen. Apps & Co bestimmen mittlerweile unseren Alltag. Sie unterstützen und erleichtern unser Leben. Wir können uns eine Zukunft ohne digitale Vernetzung kaum mehr vorstellen. Alles was digitalisiert werden kann, wird früher oder auch später digitalisiert.

Milan Frühbauer: Gehen mit der Digitalisierung nicht wichtige Aspekte des Beziehungsmanagements verloren?

Wolfgang Ronzal: Genau das ist die Chance für Finanzdienstleister. Haben Sie schon ´mal einen Kunden beim Selbstbedienungsgerät lächeln sehen? Warum besuchen wir heute noch Konzerte und sitzen mit Freunden beim Abendessen in unserem Stammlokal. Weil wir Menschen sind, die mit anderen Menschen kommunizieren wollen. Weil wir dankbar sind für ein Lächeln und ein paar nette Worte. Weil wir uns über guten Service freuen und individuell behandelt werden wollen. Der persönliche Kontakt ist auch in einer digitalen Welt ein wichtiger Bestandteil der Kommunikation und damit unseres Lebens. In einer vermeintlich rationalen Welt ist das subjektive Erleben nach wie vor wichtig. Das darf mit der Digitalisierung nicht verloren gehen.

Milan Frühbauer: Alle reden vom „Multichannel“, aber wo bleibt da der Verkäufer?

Wolfgang Ronzal: Den Verkäufer wird es auch in Zukunft geben, allerdings in einer anderen Rolle als bisher. Der Schritt vom reinen Produktverkauf zur erweiterten Problemlösung muss endlich tatsächlich vollzogen werden. Je komplexer ein Kundenproblem ist, je wichtiger ein Kaufwunsch finanziell und emotional für einen Kunden ist, umso mehr ist der Bedarf nach einer persönlichen Beratung gegeben. Dafür braucht es einen Verkäufer mit Einfühlungsvermögen. Er muss die vielen Informationen und Daten, die er durch die digitale Welt über einen Kunden hat, für diesen zu einer optimalen Problemlösung verbinden. Er muss aber vor allem im Verkaufsgespräch ein entsprechendes Umfeld und eine Atmosphäre schaffen, in dem sich der Kunde wohl fühlt. Der Berater sollte im persönlichen Gespräch Wertschätzung und Empathie vermitteln, um den Kunden emotional zu erreichen. Sympathie ist ein wichtiges Kriterium im Verkauf. Das kann die digitale Welt nicht bieten.

Milan Frühbauer: Auch die Führungskultur unterliegt einem raschen Wandel. Worauf kommt es in künftig im Management an?

Wolfgang Ronzal: Führungskräfte neigen dazu, zu glauben, dass man Planung und Ziele dazu brauche, um die Mitarbeiter unter Kontrolle zu haben. Man muss ihnen klare Vorgaben geben, externe Anreize bieten und ihre Arbeitsleistung überwachen. Dies mit einer Vielzahl an Kontrollen. Das Management plant und die Mitarbeiter haben zu exekutieren. Was dabei allerdings auf der Strecke bleibt sind Eigeninitiative, Verantwortung und Motivation. Führungskräfte müssen begreifen, dass Mitarbeiter auch ohne Vorgaben, Anreize und Kontrollen arbeiten, einfach weil sie es wollen und können. Führung bedeutet heute, den Mitarbeitern Verantwortung zu übertragen, ihnen Mitgestaltung zu ermöglichen, ihre Potenziale zu fördern und zu entwickeln und vor allem, ihnen persönliche Wertschätzung zu vermitteln. Verantwortung muss dort übertragen werden, wo die Leistung entsteht, also vor Ort beim Kunden. Die Mitarbeiter sind dann nicht mehr beschäftigt, vorgegebene Zahlen auf Gedeih und Verderb zu erfüllen.

Milan Frühbauer: Welche Fähigkeiten sollten Banken und Versicherungen besonders im Auge behalten?

Wolfgang Ronzal: Neben dem weiteren Ausbau der digitalen Möglichkeiten für die Kunden sollten Finanzdienstleister ihre Betreuungs- und Beratungsleistungen dramatisch ausweiten, um einen zusätzlichen Nutzen und Mehrwert für den Kunden zu bieten. Die Kundenbetreuer sind in ihrer Rolle als „Beziehungsmanager“ auszubilden und zu unterstützen. Die Führungskräfte müssen für den Wandel fit gemacht werden. Dazu ist nicht nur fachliche Kompetenz, sondern vor allem eine hohe soziale Kompetenz notwendig.

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