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Wolfgang Barvir, Head of Financial Services bei Capgemini in Österreich
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Wolfgang Barvir, Head of Financial Services bei Capgemini in Österreich

Wolfgang Barvir, Capgemini: „Strenge KI-Regularien stellen verantwortungsvollen Umgang mit Kundendaten sicher.“

Wolfgang Barvir, Head of Financial Services bei Capgemini Österreich, erläutert im Interview, welche Chancen Künstliche Intelligenz (KI) im Finanzsektor hat und, welche Schwierigkeiten noch bei der Umsetzung entstehen.
MARKETING X am 16. und 17. Oktober

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Zwei spannende Konferenztage rund um Marketing mit nationalen und internationalen Keynotes, Best Practices, Panels, Masterclasses und einem interaktiven Marketing-Quiz.

ForumF: Herr Barvir, eine aktuelle Studie des Capgemini Research Institute beschäftigt sich mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz im Finanzsektor. Wie nehmen Sie den Status-quo vom Einsatz von KI bei Österreichs Finanzdienstleistern wahr?

Wolfgang Barvir: Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Sammelbegriff für die von lernenden Systemen gezeigten Fähigkeiten, die von Menschen als Intelligenz darstellend wahrgenommen werden. Diese intelligenten Fähigkeiten lassen sich typischerweise in maschinelles Sehen und Wahrnehmen, Verarbeitung natürlicher Sprache, Vorhersagen und Entscheidungsfindung sowie Handeln und Automatisieren einteilen. Zu den Technologien, die diese Anwendungen ermöglichen, gehören große Datensysteme, tiefgreifendes Lernen, Unterstützungslernen und Hardware zur KI-Beschleunigung. KI hat Kanäle wie Websites, E‑Mail und Chat-Dienste übernommen, indem sie die Antworten auf häufig gestellte Kundenanfragen automatisiert hat. Mehrere Banken und Versicherungsunternehmen setzen KI auf Social-Media-Plattformen ein, um Kundenpräferenzen durch Stimmungsanalysen zu ermitteln. Sogar physische Orte der Interaktion mit Kunden erleben das Aufkommen der KI, wobei humanoide Prozesse wie Produktvorschläge, die Beantragung von Kreditkarten und die Eröffnung neuer Konten vereinfachen. Wir beobachten auch eine Diskrepanz zwischen der Wichtigkeit einer Interaktion für den Kunden und der positiven Wahrnehmung des Erlebnisses. Während bei Kontostandabfragen, Überweisungen und Änderung von Daten positive Erlebnisse dominieren gibt es bei für den Kunden wichtigen Punkten wie beispielsweise Problembehebung oder Immobilienkredite ein deutliches Verbesserungspotential. Selbst bei Bereichen, welche für Artificial Intelligence (AI) prädestiniert wären (Authentifizierung bei Kontoeröffnung) gibt es großen Aufholbedarf.

ForumF: Die Studie zeigt, dass KI-Initiativen im Finanzsektor am wenigsten skaliert sind. Dort, wo KI eingesetzt wird, werden die Erwartungen der Kunden nicht erfüllt. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe für Schwierigkeiten bei der Umsetzung?

Barvir: Insgesamt bewerteten Führungskräfte mangelndes Kundenbewusstsein in Bezug auf die Art und Weise, wie KI ihnen helfen könnte, als eine zentrale Herausforderung. Die Probleme hierbei liegen zum einen am Führungs- und organisatorischer Widerstand als Blockade für eine skalierte Akzeptanz. Zum anderen sind lange Vorlaufzeiten für die Implementierung und Schwächen bei der Datenverwaltung ein Problem. Ein weiteres Problem sind wachsende regulatorische Kontrollen bei Finanzdienstleistungen: 42 Prozent der Banken und 39 Prozent der Versicherer sagen, dass es eine Herausforderung ist, sicherzustellen, dass die Sicherheitsstandards der Kunden und die damit verbundenen regulatorischen Anforderungen erfüllt werden. Für Banken- und Versicherungsmanager sind fehlende Anreize und mangelndes Vertrauen für hochwertige Interaktionen eines der größten Schwierigkeiten. Zuletzt gibt es auch Schwierigkeiten bei der Definition der Kriterien und der Auswahl der zu skalierenden Anwendungsfälle.

ForumF: Welche Chancen bietet der korrekte Einsatz von KI im Finanzdienstleistungssektor?

Barvir: Zum einen bietet der Einsatz von KI ein gestärktes Vertrauen in Banken. Die strengen Regulatorien stellen den verantwortungsvollen Umgang mit Kundeninformationen sicher. Außerdem kann KI in diversen Bereichen verbessert werden, wie zum Beispiel bei Chatbots, Produktvorschlägen, der Authentifizierung, aber auch der Betrugserkennung und noch weiteren Bereichen. Die effektive Nutzung von KI im Finanzdienstleistungssektor kann mit einer Kostenersparnis im Operativen Bereich beziffert werden und mit einem Anstieg des Umsatzes pro Kunde.

ForumF: Und was können Finanzdienstleister tun, um KI erfolgreich in ihrer Digital-Strategie zu implementieren?

Barvir: Um AI-Anwendungsfälle in großem Maßstab voranzutreiben und die Kundenzufriedenheit zu steigern, sollte man beachten, dass AI nur so gut sein kann wie das dahinter liegende Service/Produkt. KI sollte außerdem wertorientiert sein, um das Kundenerlebnis zu verändern. Es ist weiters ratsam, vertrauensbasierte und ethische KI-Governance-Ansätze zu erstellen, um eine breite Akzeptanz bei den Verbrauchern zu fördern. Bei der KI-Erfahrung sollten außerdem die „charakteristische Momente“ berücksichtigt werden, die Empathie und Emotionen erfordern. Natürlich muss auch das Team auf die Neuerungen angepasst werden, wofür Führungsrollen mit KI-Fokus zu empfehlen wären, um die Akzeptanz zu beschleunigen. Am wichtigsten ist jedoch, den Kunden die Vorzüge von KI zu erklären sowie KI-Systeme erklärbar und transparent zu machen.

ForumF: Die Corona-Krise hat für eine raschere Digitalisierung in vielen Belangen des Alltages gesorgt. Welchen Einfluss hat die Pandemie auf die Finanzdienstleistungsbranche?

Barvir: Die Corona-bedingte Änderungen im Kundenverhalten bieten Banken und Versicherern die Möglichkeit, den Einsatz von KI zu beschleunigen. 78 Prozent der Kunden erwarten, dass sie berührungslose Interaktionen durch Sprachassistenten, Gesichtserkennung oder Apps während der Pandemie verstärkt nutzen können. Zwei von drei Führungskräften im Bereich Finanzdienstleistungen geben an, dass sie aufgrund der notwenigen Kosteneinsparungen KI-Investitionen zurückgestellt oder Investitionen mit „geringen potenziellen Auswirkungen“ zurückgezogen haben. Aber gerade die Investitionen in AI können einen großen Hebel für Kosteneinsparungen bewirken. Der FS Sektor ist nach wie vor unter dem Durchschnitt, was die AI Implementierungs-Vorhaben betrifft, da nur 36 Prozent aller Banken und 34 Prozent aller Versicherer noch immer an ihren AI Plänen festhalten. Immer noch 57 Prozent der Verbraucher glauben, dass sie keine Anreize haben, AI die Verwendung personenbezogener Daten zu ermöglichen. 71 Prozent der Verbraucher gaben an, dass sie bei der Interaktion mit AI-fähigen Kanälen darauf aufmerksam gemacht werden möchten, aber die meisten Führungskräfte sind sich dieser Notwendigkeit nicht bewusst.

ForumF: Welche Innovationen bietet die Zukunft für Finanzdienstleistungsunternehmen? Sehen Sie bestimmte Trends, die auf uns zukommen werden?

Barvir: Im Bereich der Finanzdienstleistungen hat sich die kundenorientierte KI weitgehend durchgesetzt, und das heutige pandemische Umfeld wird diesen Trend nur noch beschleunigen. Während Unternehmen von der KI profitiert haben, erwarten und wünschen die Kunden mehr. Zur gleichen Zeit ist die Industrie hinter der Prognose, wenn es darum geht, mit KI-gesteuertem CX zu skalieren. Es gibt eine Reihe von Herausforderungen, die die Finanzdienstleistungsunternehmen angehen müssen, von organisatorischem Widerstand bis zu mangelndem Kundenvertrauen. Der Finanzsektor ist eher zurückhaltend, was die Wahrnehmung der kundenseitigen KI betrifft, und sie sollte den Fortschritt beschleunigen, wenn sie nicht will, dass dieser Abstand weiterwächst. Die Einführung der KI hilft leistungsstarken Organisationen, ihrer Konkurrenz den Aufschwung zu erschweren: zusätzliche Einnahmen generieren, Risiken reduzieren, sich engagieren mit Kunden und Kostenoptimierung. Organisationen die erfolgreich eine Größenordnung erreicht haben, erkennen, dass es sich hierbei weit mehr als nur um eine Technologie handelt. Meiner Meinung nach hat KI ihr Versprechen gehalten, echte Geschäftsvorteile zu schaffen.

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