Unser System ist gut und teuer und voller Bürokratie
Um diesen gordischen Knoten zu lösen, wurde typisch österreichisch (wenn ich nicht mehr weiter weiß, mach ich einen Arbeitskreis) eine „Zielsteuerungskommission“ gegründet, die in „Zielsteuerungsverträgen“ (was für ein Wort!) die Finanzziele für die nächsten Jahre festlegt. Die Hauptprobleme sind, dass die Patienten zu oft in die (teuren) Spitäler oder Ambulanzen gehen und zu selten zum niedergelassenen Arzt (wann hat der eigentlich offen?), dass es Doppel- und Dreifachuntersuchungen mit teuren Geräten gibt und jedes Bundesland selber seine Verträge mit Medizinern und anderen Leistungserbringern aushandelt. Wir haben in vielen Bereichen einen Ärztemangel, obwohl wir statistisch gesehen mit 4,8 Ärzten pro 1000 Einwohnern in der EU Spitze sind.
Immer wieder gibt es Reformversuche und ‑schritte. Doch es sieht aus wie bei einem Tango: Ein Schritt vor, dann wieder zwei zurück. Noch gut in Erinnerung ist, dass 2020 die Zahl der Sozialversicherungsträger von 21 auf 5 reduziert wurde. Die 9 Gebiets- und mehrere betriebliche Krankenkassen wurden zur ÖGK fusioniert. Böse Zungen behaupten, anstatt Synergien zu heben wurde einfach das ÖGK-Logo überall draufgepinselt, geändert habe sich nicht viel. Sogar der Rechnungshof zeigte auf, dass die Verwaltungskosten seither weiter gestiegen sind „in einer Größenordnung, die mit einem Szenario ohne die Zusammenschlüsse vergleichbar ist“.
Warum die „Patientenmilliarde“ niemals Realität wurde
Von der damaligen Regierung unter Sebastian Kurz wurde großspurig eine „Patientenmilliarde“ als Einsparung für die Versicherten versprochen. Wenn man genauer nachgefragt hat, hieß es, dass sich diese Summe ergeben würde, wenn man durch die Zusammenlegungen Personal abbaut, in erster Linie durch Nichtnachbesetzen von Stellen nach Pensionierungen. Das erwies sich alles an Illusion. Die Selbstverwaltung scheute davor zurück. Die Ärztekammer listete noch andere nicht umgesetzte Reformen der ÖGK auf: Fusion der eigenen IT-Unternehmen, bessere Nutzung der zahlreichen Immobilien, Schließung von nicht kostendeckenden Ambulatorien usw. Was sie nicht erwähne, ist die Harmonisierung der Arzthonorare, die noch immer in jedem (!) Bundesland verschieden sind. Jetzt hat die ÖGK einmal einige unpopuläre Maßnahmen wie höhere Selbstbehalte für Patienten beschlossen. Denn ihre Einnahmen hängen von der Zahl der Beschäftigten ab. Bei schlechter Wirtschaftslage und steigender Arbeitslosigkeit schlägt das auf die Beitragseinnahmen durch während die Ausgaben weiter steigen.
Das Zauberwort, dass stets als Grundlage für die Sanierung des heimischen Gesundheitssystems herumgeistert, lautet „Finanzierung aus einer Hand“. Wenn nur mehr eine Stelle die Hand auf dem Geldtopf hätte, könnten die Gesundheitsausgaben von jährlich mehr als 40 Milliarden Euro wohl effizienter eingesetzt werden. Doch diese simple Idee wurde immer dann auf dem Altar des Föderalismus geopfert, wenn man drohte, damit ernst zu machen. Also werden wir weiter neun Länder, neuen Ärztekammern, neun Honorarordnungen und von Sozialpartner-Funktionären geführte Kassen haben, deren Hauptaufgabe es ist, die ständig steigenden Kosten möglichst jemandem anderen aufzubürden.