Schon vor vielen Jahren hat mir ein Spruch besonders gut gefallen, den ein damals prominenter österreichischer Manager gerne in die Runde geworfen hat: „Auf ehrliche Art reich zu werden ist heutzutage unmöglich. Und unehrlich wird es auch immer schwieriger.” Ein Schelm, der dabei an Rene Benko denkt (den kannte damals niemand, als dieser Satz fiel). Dessen Versuch endete nach gutem Beginn jetzt mit der U‑Haft. Ein gewisser Jan Marsalek (Wirecard) ist seit längerem schon auf der Flucht. Das gelingt ihm nur, weil er vorher das Unternehmen und die Aktionäre um Milliarden betrogen hat.
In der großen Politik ist das ebenfalls ein Thema: Trotz der vielen Oligarchen in Russland heißt es immer wieder, dass der reichste Bürger des Landes Wladimir Putin selbst ist. Er soll im Laufe seiner Regentschaft ein (gut getarntes) Vermögen angehäuft haben, das weltweit verteilt ist. Whistle-Blower und sogar Hedgefonds-Manager aus dem Westen haben dieses schon einmal auf 40, dann wieder 200 Milliarden US-Dollar geschätzt. Niemand weiß das natürlich genau. Beweise gibt es dafür natürlich keine. Auf jeden Fall würde das Donald Trump vor Neid erblassen lassen. Schon seit einiger Zeit wird geraunt, dass er mit seiner 2. Präsidentschaft vor allem ein Ziel verfolgt: Durch „Deals” endlich so „richtig reich” zu werden. Aktuell wird sein Vermögen laut dem Magazin Forbes auf „nur” rund 5 – 7 Milliarden Dollar geschätzt dank des gestiegenen Kurses seiner „Trump Media & Technology Group”, dem Unternehmen hinter Truth Social. Lassen wir einmal beiseite, dass die beiden Herren nicht mehr die jüngsten sind.…
Milliardäre dürfen alles, bis an die Grenzen der Legalität
Ein Faktum ist, dass der Glaube besteht, dass man sich ab einem gewissen Reichtum jeglicher Regulierung entziehen kann. Da ist durchaus etwas Wahres dran. Man sehe nur, wie Elon Musk versucht, sich – noch dazu mit Unterstützung Trumps – sich bei seinem Feldzug gegen die Beamten und die Bürokratie über alles hinwegzusetzen, was es an Vorschriften oder Regeln im amerikanischen Staat gibt. Dass der Mann sich dadurch so unbeliebt macht, dass der Verkauf seiner Automarke Tesla weltweit einbricht, ist ihm offenbar egal. Andere Superreiche von Jeff Bezos bis Mark Zuckerberg oder Larry Page sind zwar politisch zum Glück nicht so auffällig. Doch dass die regulierenden Behörden in den USA zugeschaut haben, dass hier weltweite Monopole entstehen (Amazon, Google usw.) sind Auswüchse eines Turbo-Kapitalismus, die man wohl nicht mehr „einfangen” kann, auch wenn es immer wieder (erfolglose) Versuche gibt, Teile zu zerschlagen.
Schützt Reichtum vor der Verfolgung durch das Gesetz?
Wenn einer dieser auffälligen Superreichen persönlich oder über sein Unternehmen mit dem Gesetz in Konflikt kommt, macht das überhaupt nichts. Denn er kann sich die besten und teuersten Anwaltskanzleien leisten. Deren Fantasie, Verfahren durch Formfehler zu verlangsamen, durch unendliche Eingaben in die Länge zu ziehen oder durch Gegenklagen zu bekämpfen ist grenzenlos und fast immer erfolgreich. Das funktionierte auch im heimischen Mikrokosmos. Erinnert sich noch jemand daran, dass möglicherweise bei Meinl European Land Anleger betrogen wurden? Wurde irgend jemand deswegen angeklagt? Das Ganze liegt mittlerweile Jahrzehnte zurück, 2024 wurden die Verfahren eingestellt.
Nicht alles, was eine Sauerei ist, wird von den Gesetzbüchern als illegal eingestuft. Man erinnert sich noch an die große Aufregung wegen der „Panama Papers”, als ein Datenleck bei einer der größten Offshore-Firmen dazu führte, dass Briefkastenfirmen zur Steuervermeidung und zur Geldwäsche enttarnt und prominenten Eigentümern zugeordnet wurden. Die weltweite Empörung führte zu einer Untersuchungskommission und zu Gerichtsverfahren. Allerdings wurden 2024 in Panama alle 28 Angeklagten freigesprochen. Ein Sieg für die Anwälte, die behaupteten, man hätte nie gegen Gesetze verstoßen, sondern – vereinfacht ausgedrückt – nur Steuerschlupflöcher ausgenützt. Investigativ-Journalisten bezeichneten die Freisprüche als „absoluten Skandal”.
Solche Fakten führen natürlich dazu, dass es immer mehr „Wutbürger” gibt, dass sich Verschwörungstheorien im Internet verbreiten und dass die Zweifel zunehmen, ob es noch Kontrollinstanzen in unserer Welt gibt, die funktionieren. Man muss anerkennen, dass es in den letzten Jahren durchaus gelungen ist, den länderübergreifenden Datenaustausch zum Thema Geldwäsche deutlich zu verbessern, vor allem im Zusammenhang mit der Terrorismusfinanzierung.
Doch zurück zum Start: Reich zu werden ist prinzipiell nichts Unanständiges. Außer es geht auf Kosten anderer: Einmal sind es die Bürger eines Staates wie bei den Diktatoren, von Syriens Assad bis Russlands Putin. Manchmal sind es gutgläubige Anleger, die sich blenden lassen und am Ende ihren Einsatz verlieren. Trotzdem bleibt die Erkenntnis, dass Geld keine Moral kennt und es schwierig ist zu glauben, dass vor dem Gesetz alle gleich sind.