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Anforderungen an die Bankfiliale der Zukunft

Managementberater Oliver Wymann untersucht Anforderungen an die „Bankfiliale der Zukunft“ im Hinblick auf Digitalisierung und Kostendruck, Stichwort Filialschließungen: Trotz Schließungswelle sind Filialen kein Auslaufmodell.

Laut der Oliver Wyman-Analyse „Bankfiliale der Zukunft” werden allein in Deutschland bis 2030 rund 13.000 weitere Filialen schließen. Dabei, meint der Managementberater, „ist die Filiale keineswegs ein Auslaufmodell“, sondern bleibe laut Studie auch in Zukunft für 60 Prozent der Verbraucher ein wichtiger Bestandteil ihrer Bankbeziehung. Banken stehen somit vor der Herausforderung, ihre Kosten in den Griff zu bekommen und gleichzeitig ihre Kunden zu halten sowie Erträge zu sichern.

Für die Studie wurden die Bedürfnisse von Verbrauchern erfragt und Herausforderungen und Erfolgsfaktoren von Banken abgeleitet. An der Befragung nahmen mehr als 1.500 Endverbraucher aus Deutschland teil; die Befragung fand im 1. Quartal 2019 statt.

Es lassen sich drei zentrale Handlungsempfehlungen für Kreditinstitute ableiten, um erfolgreich für die Zukunft gerüstet zu sein:

  1. Die Konsolidierung von Filialformaten: „Coaching Lounge“ und „Self-Service-Center“
  2. Die kontinuierliche Filialnetzoptimierung statt „ad-hoc“ Maßnahmen
  3. Die Etablierung der „Filiale-as-a-Service”
  4. Die Konsolidierung von Filialformaten: „Coaching Lounge“ und „Self-Service-Center“

Heute betreiben Bankinstitute die verschiedensten Filialformate. Doch leider ist es für die Kunden meist nicht auf Anhieb ersichtlich, wie sich diese voneinander unterscheiden. Auch ist oftmals unklar, welche Leistungen in bestimmten Häusern angeboten werden oder dort nicht zu finden sind. Zu den wichtigsten Format-Merkmalen zählen das Produkt- beziehungsweise Serviceangebot, der Kunden- beziehungsweise Segmentfokus, der Grad der digitalen und innovativen Features sowie der Standort oder die Lage der Filiale.

Folgende vier Filialformate sind aktuell am häufigsten zu beobachteten: 

  1. Die Flagship Filiale: Diese Top-Häuser in A‑Lage von Großstädten richten sich an sämtliche Kunden-Segmente der Bank. Hier werden nicht nur alle Produkte und Services angeboten. Dort befinden sich auch fortschrittliche Digital- oder Innovation-Labs.
  2. Die Beratungsfiliale: Diese Zweigstellen befinden sich in regionalen Zentren und adressieren vorwiegend Privatkunden, die hier alle Produkte und Services vorfinden.
  3. Die Universalfiliale: Dieses Format ist häufig im Umland großer Städte und Ballungsgebiete vertreten und hat ausschließlich Privatkunden im Fokus, denen Basis-Produkte und ‑Services wie etwa die Kontoeröffnung offeriert werden.
  4. Spezialformate: Hier gibt es große Unterschiede im Produkt- und Service Angebot und auch der Kunden- und Segmentfokus kann sehr stark variieren. Spezialformate gibt es meist in urbanen Zentren wie etwa an Flughäfen, auf einem Firmen Campus oder an Universitäten.

Doch lange werden sich diese vier heute vorherrschenden Filialformate nicht mehr fortführen lassen. Stattdessen werden in Zukunft hauptsächlich folgende zwei Bankformate am Markt bestehen, die den Präferenzen der Kunden entsprechen sowie der Notwendigkeit Rechnung tragen, ertragsarme Aktivitäten in andere Kanäle wie etwa in den Online- oder Mobile-Bereich zu verlagern: Die „Coaching Lounge“ sowie das „Self-Service-Center“.

Dabei sollte, so die Wymann-Studie, die Filiale jedoch nicht wie in der Vergangenheit isoliert betrachtet werden, sondern muss in die gesamte Vertriebs-Strategie einer Bank eingebettet sein. Das heißt, die Rolle der Filiale im sogenannten „Kanal-Mix“ muss klar definiert sein. Dazu gehört auch die genaue Festlegung der dort angebotenen Dienstleistungen sowie die exakte Abgrenzung zu anderen Kanälen. Es gilt insbesondere festzuhalten, dass die konsequente und flächendeckende Digitalisierung von Serviceaktivitäten Voraussetzung für die Transformation der Filialformate ist.

„Coaching Lounge“ und „Self-Service-Center“.

Coaching Lounge: Dabei handelt es sich um große Beratungscenter in Ballungszentren mit einem Full-Service-Angebot, in denen werthaltige Beratungsgespräche im Fokus stehen. Hier haben die Kunden die Möglichkeit, mit einem Coach persönlich und vor Ort wesentliche Fragen rund um ihre individuelle Finanzsituation zu klären.

Folgende Themen stehen dabei im Vordergrund:

  • Komplexere Finanz-Produkte und ‑Services für bestimmte Makro- und „Life-Time-Events“. Hierzu zählen etwa der Abschluss einer Baufinanzierung, die Altersvorsorge oder Lebensversicherungen
  • Der Abschluss von Bank- oder Versicherungs-Verträgen, aber auch von Verträgen anderer Dienstleister wie Energieversorger oder Telefongesellschaften
  • Steuer‑, Erbschafts- oder weitere rechtliche Themen
  • Sonstige vertrauliche Themen, wie zum Beispiel der Zugang zu einem Bankschließfach
  • Self-Service-Center: Hier erhalten die Kunden insbesondere Self-Service-Angebote mit virtueller Beratung.

Die Center befinden sich sowohl in weniger dicht besiedelten Gebieten, als auch an hochfrequentierten Orten wie etwa Einkaufszentren. Sie adressieren Kunden, die auch künftig „operative“ Tätigkeiten vor Ort durchführen wollen und nicht der Verlagerung von analogen hin zu Online-Kanälen folgen. Gleichzeitig haben hier natürlich auch reine Online-Banking-Kunden die Möglichkeit, am Automaten Geld abzuheben. Diese Center werden ganz ohne oder nur mit geringem Personal betrieben und bieten folgende Leistungen an:

  • Ein- und Auszahlungen am Geldautomaten
  • Überweisungen sowie das Drucken von Kontoauszügen an Terminals
  • Basis-Leistungen rund um Produkte und Services, wie etwa die Eröffnung eines Bankkontos oder die Identifikation am virtuellen Bankschalter.

Fazit & Ausblick

Die Bankfiliale auch in Zeiten der Digitalisierungan muss sich kein Auslaufmodell sein, schliessen die Studien-Autoren. Zwar werden die Finanzinstitute auch künftig noch Standorte schließen, um Kosten zu sparen. Ganz auf die physische Präsenz vor Ort zu verzichten, wäre für die Branche jedoch fatal.

Somit als Ausblick: In ihrer Filialstrategie müssen die Institute darauf achten, neue Formate zu entwickeln, die wirklich den Bedürfnissen der Kunden entsprechen. Während bisherige Modelle von der Flagship- über die Beratungs- bis hin zur Universalfiliale längst ausgedient haben, liegt die Zukunft eindeutig im Nebeneinander von „Self-Service-Centern“ und „Coaching Lounges“. Diese Formate müssen intelligent in den Kanal-Mix der Bank eingebettet werden und in Ergänzung zu den Online- und Mobile-Aktivitäten stehen. Dann kann den Banken der Spagat gelingen, die Kosten in den Griff zu bekommen sowie gleichzeitig die Kunden zu halten und Erträge zu sichern. 

Download der 19-seitigen Studie „Die Bankfiliale der Zukunft. Erfolgsfaktoren für die Filialstrategie der Zukunft, um Kunden und Erträge nachhaltig zu sichern“.

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