In den USA folgen Banken derzeit einem spürbaren Trend: Sie wollen der Mittelpunkt des Handelsgeschäfts in einer Stadt sein. „Holt beispielsweise ein Kunde an einem SB-Terminal Bargeld, dann kann ihm die Bank zehn Minuten später einen Essensgutschein für ein Restaurant in der Nähe auf sein Handy schicken. So positioniert sich die Bank im Alltag seiner Kunden mit einem Mehrwert.“
Das berichtete Diebold-Nixdorf-CEO Andy Mattes auf der 48. Bankenfachtagung in Rottach-Egern. Szenarien wie diese seien ein sichtbarer Ansatz, dass Banken ihren Datenschatz heben. Doch insgesamt machen Banken bislang noch extrem wenig aus den Daten, die sie von ihren Kunden besitzen. Banken könnten etwa Coupons und Rabatte für langjährige Kunden oder ein Vielnutzerprogramm in Anlehnung an die Vielfliegerprogramme der Airlines anbieten, so Mattes.
Als Zukunftsvision gab er deshalb die „Bank for one“ aus: „Für jeden Kunden sollte die Bank individuell erlebbar sein“. Denn wer seit zehn Jahren Kunde einer Bank sei, habe beispielsweise andere Erwartungen als derjenige, der erst seit zehn Tagen Kunde sei.
Wie wertvoll Kundendaten sind, zeigte Thomas Liebke auf: „Durchschnittlich ist jeder Bankkunde etwa 300 Euro wert“, berichtete der Principal Business Consultant bei Diebold-Nixdorf. Hochgerechnet besitzen die Daten aller 30 Millionen Sparkassenkunden demnach einen Wert von neun Milliarden Euro. Der Datenwert der 20 Millionen Kunden der Genossenschaftsbanken beläuft sich auf rund sechs Milliarden Euro. Liebkes Fazit: „Datenanalysen sind nur dann sinnvoll, wenn am Ende eine Eurozahl herauskommt.“
Getreu diesem Motto hebt auch die Münchner Bank seit zwei Jahren mithilfe von Diebold Nixdorf ihren Datenschatz. Natürlich sei man davon überzeugt gewesen, Kunden und Mitglieder intensiv beraten zu haben, berichtete Moritz Stigler, Leiter strategische Vertriebsentwicklung & Digitales der Münchner Bank. Eine ausführliche Vertriebseffizienzanalyse, basierend auf dem kompletten Datensatz aller Kunden, förderte überraschende Erkenntnisse und Optimierungspotenzial zutage. Heute sprechen die Berater gezielter Kunden mit Potenzial an. Die Ertragslage der Bank hat sich seither deutlich verbessert und die Zufriedenheit ihrer Mitglieder ist um 20 Prozent gestiegen.
Auch die Sparkasse Paderborn-Detmold hat den Digitalisierungsweg eingeschlagen. „Wir haben die Nerds unter unseren Mitarbeitern gesucht und festgestellt, dass wir enorme Kompetenzen im Haus haben: Webdesigner, Blogger, Filmproduzenten“, erzählte Sparkassen-Vorstand Andreas Trotz. Diese Mitarbeiter hätten insgesamt 2500 Personen intern geschult. Viele der 1300 Kollegen nahmen an mehreren Schulungen teil. Die ersten Ergebnisse sind im Alltag angekommen: Mit Kunden kommuniziere man inzwischen auch per WhatsApp und rund die Hälfte der Mitarbeiter sei Mitglied in einer geschlossenen Facebook-Gruppe, erklärte Trotz. Beim mobilen Girokonto Yomo der Sparkassen, bei dessen Entwicklung die Paderborn-Detmolder von Anfang an dabei waren, „haben wir Lehrgeld bezahlt, aber auch enorm viel gelernt“.
Trotz aller Chancen bezüglich neuer Analysemöglichkeiten und digitalen Services waren sich die Teilnehmer einig: Gute Mitarbeiter sind ein ebensolcher Schatz wie Daten. „Wenn ich eine Elfmeter-Vorlage aus dem Datenpool bekomme, dann brauche ich einen Mitarbeiter, der das Tor schießt“, bringt es Michael Wiedeck, Bereichsleiter Retail Banking der Austrian Anadi Bank, bei den Rottacher Gesprächen auf den Punkt.