Staatschefs mischen sich in die Zinspolitik ein. Der Türkische Staatspräsident Erdogan hat vorerst erreicht, was er wollte. Die Nationalbank am Bosporus hat den Leitzins für die Türkische Lira nicht erhöht. Der Kursverfall hat sich sofort beschleunigt und die einschlägigen Spekulationen ausländischer „Investoren“ verliefen im Sand. Das hilft zwar den Exporten und dem Tourismus, aber die Ratingagenturen haben schon mit der Rückstufung begonnen und auch die internationalen Investoren sind verschreckt. Bei einer Inflationsrate von aktuell mehr als 15 Prozent relativieren sich viele andere Standortkriterien. Auch der US–Präsident Trump versucht sich neuerdings als Zinspolitiker. Praktisch im Tagesabstand gibt er laut zu verstehen, dass er weitere Zinserhöhungen der FED sehr ungern sähe. Doch Washington ist noch nicht Istanbul… .
Der Protektionismus hingegen, der sich in der US–Hauptstadt mittels zahlloser Zollideen und Strafzolldrohungen breit macht, wird zurecht als ein gefährlicher Anschlag auf den Welthandel wahrgenommen. Und so schwanken die Indizes der wichtigen Börseplätze zwischen der realwirtschaftlichen Abbildung des Konjunkturverlaufes der wichtigsten Volkswirtschaften sowie den ertragsfulminanten Halbjahresbilanzen der Marktteilnehmer einerseits und den Drohungen mit tarifarischen Handelshemmnisse. Das reicht dann vom Stahl aus China bis zur Harley-Davidson aus Milwaukee.
Sind also Anleger weltpolitisch viel leichter schreckbar als durch solide Konjunkturdaten – rational betrachtet – in Sicherheit zu wiegen? Psychologisch allemal. Denn die internationalen Handelsmärkte, vor allem aber die Kapitalmärkte, brauchen Berechenbarkeit, Kontinuität und längerfristige Entscheidungshorizonte. Nervosität ist extrem schädlich und neo-merkantilistisches Rabaukentum gar ein Gift. Die jüngste – eher unerwartete – Einigung zwischen Kommissionspräsident Juncker und US–Präsident Trump hat sofort zu einem Aufatmen an den Börsen geführt. Quod erat demonstrandum… .
Sicher, der ATX ist nicht spielentscheidend. Aber Österreichs Exporte erreichen heuer die 150 Milliarden Euro-Marke. Das sind 40 Prozent gemessen am BIP. So nebenbei: Per capita sind das weit mehr als in den USA (etwa das Vierfache) oder China, von Russland ganz zu schweigen. Es geht auch für uns um sehr viel!