Die österreichische Wirtschaft ist pandemiebedingt schwach ins Jahr 2021 gestartet. „Das konjunkturelle Auf und Ab durch das Wechselspiel aus Lockerungen bzw. Verschärfungen von Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Pandemie setzt sich zu Jahresbeginn fort. Nach einer zwischenzeitlichen Verbesserung im Vormonat ist der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator im Jänner auf minus 1,6 Punkte gesunken“, so UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Aus der Entwicklung der zugrunde liegenden Einzelkomponenten des Indikators lässt sich die anhaltende sektorale Spaltung der österreichischen Wirtschaftsentwicklung infolge der unterschiedlichen Lockdown-Maßnahmen klar ablesen. „Während mit der Stimmungsverschlechterung der Konsumenten der Pessimismus im Dienstleistungssektor zu Jahresbeginn wieder gestiegen ist, bleibt die Bauwirtschaft optimistisch und angesichts eines leicht verbesserten Exportumfelds ist die Situation in der Industrie weitgehend stabil“, meint Bruckbauer.
Stimmungseintrübung zu Jahresbeginn nur temporär
Die vergleichsweise günstigsten Voraussetzungen zeigen sich zu Jahresbeginn in der Bauwirtschaft, trotz des etwas nachlassenden Optimismus. Angesichts gut gefüllter Auftragsbücher hat sich die Stimmung bei den Baunebengewerben sogar verbessert, die Zuversicht ist jedoch im Tiefbau weiterhin am höchsten. Die Verschärfung des Lockdowns hat die heimische Industrie im Jänner kaum belastet, da die globalen Rahmenbedingungen günstiger geworden sind. Das Exportumfeld hat sich gemessen an der mit den österreichischen Handelsanteilen gewichteten internationalen Industriestimmung spürbar verbessert. Durch die Wachstumsimpulse vor allem aus dem asiatischen Raum sind die Voraussetzungen so günstig wie zuletzt vor zwei Jahren. Während zum Beispiel die Stahlindustrie wieder mehr Rückenwind spürt, sind weniger exportorientierte Bereiche der heimischen Industrie, wie die Lebensmittel- und Getränkeindustrie, anhaltend belastet. Die angespannte Lage am Arbeitsmarkt hat die Stimmung der Konsumenten zu Jahresbeginn erneut gedämpft. Zudem hat sich der Pessimismus im Dienstleistungssektor aufgrund der behördlichen Einschränkungen für verschiedene Sparten, wie vor allem für den Handel sowie für Beherbergungs- und Bewirtungsbetriebe, wieder erhöht.
Abschwung setzt sich im ersten Quartal 2021 noch fort
Die Verschlechterung des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators im Jänner steht im Einklang mit der Verschärfung der Lockdown-Maßnahmen nach den Weihnachtsfeiertagen. Aufgrund der Lockerungen im Februar ist davon auszugehen, dass es sich bei der Eintrübung der Konjunkturstimmung im Jänner um eine temporäre Delle handelte und ab Februar mit einer Verbesserung des Wirtschaftsklimas zu rechnen ist, sofern nicht erneut Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionszahlen notwendig werden. Auch im günstigen Fall einer Stabilisierung der Pandemiesituation wird der Ausfall der Wintersaison im Tourismus, die Beschränkungen in vielen persönlichen Dienstleistungen und die andauernde Schließung von Restaurants im ersten Quartal 2021 einen erneuten Rückgang der Wirtschaftsleistung verursachen. „Der im europäischen Vergleich länger andauernde und zum Teil schärfere Lockdown sowie das Übergewicht im Tourismus haben Ende 2020 zu einem überdurchschnittlich starken Einbruch der österreichischen Wirtschaft geführt. Trotz der erfolgten Lockerungen ab Februar gehen wir für das erste Quartal von einer Fortsetzung des Abschwungs aus. Nach dem Minus von 4,3 Prozent zum Jahresende 2020 erwarten wir einen erneuten Rückgang des BIP zum Vorquartal von rund 0,5 Prozent, womit Österreich nach dem Frühjahr 2020 voraussichtlich erneut in eine technische Rezession geschlittert sein wird“, meint Bruckbauer.
Nachhaltige Erholung erst ab dem 2. Halbjahr 2021 erwartet
Aufgrund der starken Auswirkungen des Lockdowns auf die österreichische Wirtschaftsentwicklung über den Winter sind trotz einsetzender Erholung die Wachstumsaussichten für das Gesamtjahr 2021 begrenzt. „Nach der Rezession im Winter ist – begünstigt durch die wärmere Jahreszeit und aufgrund der fortschreitenden Durchimpfung der Bevölkerung im zweiten Quartal – eine Gegenbewegung der Konjunktur zu erwarten, die allerdings vorerst nur von Nachholeffekten angetrieben werden wird. Erst im Verlauf des Sommers sollte eine Entspannung der Pandemie weitreichende wirtschaftliche Lockerungen ermöglichen, die eine anhaltende Erholung in Gang setzen. Wir gehen aktuell von einem Wirtschaftswachstum von 2,6 Prozent für 2021 aus, das sich 2022 auf 5,7 Prozent beschleunigen dürfte“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Erst Mitte 2022 sollte die österreichische Wirtschaft, deren Leistung aktuell rund 9 Prozent unter dem Vorkrisenniveau liegt, die Output-Lücke wieder geschlossen haben.
Inlandsnachfrage treibende Kraft der Erholung
Der Aufschwung wird in den kommenden beiden Jahren neben der Erholung des internationalen Handels vor allem vom Rebound der Inlandsnachfrage angetrieben werden. Nach einem besonders starken Einbruch wird insbesondere der private Konsum für Schwung sorgen, gestützt auf die während der Lockdowns angehäuften Sparvolumina sowie die schrittweise Entspannung der Lage am Arbeitsmarkt. Auch die Investitionsbereitschaft sollte angesichts aufgeschobener Investitionen und des anhaltend günstigen Finanzierungsumfelds wieder deutlich anspringen, wenn auch in vielen Betrieben ein Schuldenabbau als Reaktion auf die während der Pandemie gestiegenen Verbindlichkeiten Vorrang haben dürfte und auch steigende Insolvenzzahlen die Investitionsdynamik beschränken dürfte. „Die Inlandsnachfrage wird der wirtschaftlichen Erholung in den kommenden beiden Jahren den Schwung verleihen. Sowohl der private Konsum als auch die Investitionstätigkeit werden dabei ganz wesentlich von einer expansiven Fiskalpolitik auf nationaler und europäischer Ebene und der lockeren Geldpolitik der EZB unterstützt werden“, meint Pudschedl. Zusätzliche Wachstumsunterstützung sollte die europäische und österreichische Wirtschaft indirekt vom massiven Konjunkturpaket erhalten, das von der neuen US-Regierung geplant wird.
Nur zögerliche Entspannung am Arbeitsmarkt
Die Konjunkturpakete der österreichischen Regierung sowie der verstärkte EU-Finanzrahmen für 2021 bis 2027 und das EU-Aufbauprogramm „Next Generation EU“ werden ihre positive Wirkung erst frühestens im zweiten Halbjahr 2021 entfalten können. Auch am österreichischen Arbeitsmarkt werden sich positive Effekte der einsetzenden Erholung erst nach dem Sommer zeigen und erst 2022 ist mit einer spürbaren Verbesserung der Lage zu rechnen. „Wir erwarten nach einer Arbeitslosenquote von 9,9 Prozent im Jahr 2020 einen Rückgang auf 9,5 Prozent im Jahresdurchschnitt 2021 bzw. auf 8,6 Prozent im Jahresdurchschnitt 2022. Ende 2022 wird die saisonbereinigte Arbeitslosenquote voraussichtlich noch über 8 Prozent betragen und damit deutlich das Vorkrisenniveau übersteigen“, so Pudschedl. Knapp vor Ausbruch der Pandemie Anfang 2020 hatte die saisonbereinigte Arbeitslosenquote in Österreich 7,2 Prozent betragen.
Inflation steigt 2021 an
„Trotz der offensiven Fiskalpolitik der Regierung sowie der Fortsetzung des expansiven geldpolitischen Kurses der EZB wird sich die Inflation in Österreich 2021 und 2022 in einem überschaubaren Rahmen von rund 2 Prozent im Jahresdurchschnitt bewegen. Nach niedrigen Werten zu Jahresbeginn ist allerdings im laufenden Jahr auch mit Werten klar über der Marke von 2 Prozent zu rechnen. Dies ist zum einen auf die stärkere Nachfrage, die in einigen Dienstleistungsbranchen zu einer höheren Preisdynamik führen dürfte, und zum anderen auf den gestiegenen Ölpreis zurückzuführen“, meint Pudschedl. Während im Jahr 2020 durch den Einbruch des Ölpreises um rund ein Drittel auf durchschnittlich 38 Euro pro Barrel die Inflation um fast 0,5 Prozentpunkte gedämpft wurde, wird der erwartete Anstieg des Ölpreises um rund 15 Prozent auf durchschnittlich 44 Euro pro Barrel 2021 spätestens ab März dieses Jahres die Teuerung etwas nach oben drücken. Die leichte Stärkung des Euro und der geringere Lohndruck in der Pandemie dürften den Aufwärtsdruck dämpfen. Einen starken Inflationsauftrieb aufgrund des expansiven geldpolitischen Kurses der EZB schließen die Ökonomen der UniCredit Bank Austria hingegen aus. Das Wachstum der Geldmenge hat sich vom Anstieg der Geldbasis abgekoppelt. Der Geldmultiplikator, das Verhältnis von Geldmenge zu Geldbasis, ist in den vergangenen Jahren kollabiert. Erst wenn nachfragebedingt die Faktorauslastung steigt, ist mit einem nachhaltigen Anstieg der Inflation zu rechnen. Angesichts der bestehenden hohen Output-Lücke der österreichischen Wirtschaft ist daher vorerst kein Inflationsrisiko durch den geldpolitischen Kurs der EZB gegeben.