Wie wird das „Digital Banking der Zweiten Generation“ aussehen, fragte FMVÖ Vorstandmitglied und Moderator Markus Ott (Emotion Group) ein vierköpfiges Expertenpanel am 23. Oktober in den repräsentativen Räumlichkeiten des IBM Hauses am Wiener Donaukanal.
Als Gastgeber des FMVÖ-Financial Talk im IBM Client Center erinnerte Marco Porak, Direktor, Financial Services Sector, IBM Österreich, daran, dass IBM im heurigen Jahr das 90ste Bestandsjahr seit Gründung von IBM Österreich Anno 1928 (!) begeht. Porak nimmt gleich das das FMVÖ-Thema auf: „IBM Österreich ist nach wie vor erfolgreich, weil wir uns transformiert haben“. IBM stehe nicht für einen Hardware-IT-Dienstleister, sondern „Neue Übereinkünfte“ im Markt: Cloud-Computing-Plattformen für Industrien und Services („Die Financial Industries sind der größte Umsatzbringer“) und kognitive Analyseunterstützung durch AI Artificial Intelligence (System „Watson“) zur Ordnung und Auswertung von Datensätzen. „Die Cloud ist eine Ökosystem für Kunden und Partner zur Optimierung ihrer Prozesse.“
Robo-Adviser
Michael Zwiefler, IBM Global Business Services, hat zuletzt acht Jahre in Asien (Singapur) verbracht und gelernt: „Asiaten haben eine andere Mentalität im Umgang mit bargeldlosem Zahlen als Europäer“. Was der IBM-Berater erwartet, erläutert er an einem bereits funktionierenden Beispiel: „Meine Bank-App sieht, dass ich Geld am Konto übrig habe – und berät mich, weil die App mein Einkommen- und Ausgabeverhalten über die Jahre genau analysiert hat, wie und nach welchen Risikoparametern ich dieses Geld ‚arbeiten‘ lassen könnte“.
Anne Aubrunner, Head of Online Retail, Kommunalkredit Austria, erwartet eine Zusammenführung von noch unterschiedlich getrennten Services: Dem Kauf des Grundstückes samt Finanzierung, Grundbucheintrag, Wohnbaukredit und Baubewilligung auf einer Plattform in einem einzigen, durch Block-Chain-Verschlüsselung „secure“ ablaufenden Prozess – „Über eine Peer-to-Peer-Analyse bekomme ich innerhalb von Minuten die gewünschte Finanzierung samt Grundbucheintrag respektive Besicherung der Bank und Auszahlung“. Nachsatz: „Und das alles werde ich abwickeln, wenn ich Zeit habe – sagen wir um Mitternacht vorm Kamin? Unabhängig von Öffnungszeiten oder so!“ Ott ergänzt: „Banken werden nicht umhinkommen, sich auf (Finanz-)Handelsplattformen einzulassen beziehungsweise im Idealfall sich selbst als solche zu positionieren.“
Karin Kisling ist Co-Founder & CEO der Savity Online Vermögensverwaltung (eine Anlegerberatungsplattform – www.savity.com -; gehört zur Advisory Invest GmbH), die jedoch, betont Kisling, „eng mit Banken kooperiert“: Die moderne Datenanalyse ermögliche es ungleich massgeschneiderter auf die jeweiligen Anlagebedürfnisse des Kunden einzugehen. Denn, so Kisling mit einem kleinen Seitenhieb auf Makler („Die sind auch von ihren jeweiligen Portfolios getrieben“): „Die Menschen vertrauen Algorithmen mehr als menschlicher Einschätzung.“ Und: „Wir können auf Basis unterschiedlicher Datenquellen wesentlich schneller und preisgünstiger ungleich bereitere Anlageangebote zusammenstellen als es ein Mensch je könnte“.
Digital Banking ist mehr als Technologie
Marcus Kapun ist Head of Digital Banking BAWAG P.S.K., die in den vergangenen Jahren das Motto „Omnichannelstrategie“ ausgegeben hat – und so formuliert das auch Kapun: „Ein Finanzdienstleister wie wir als Bank muss auf jedem Kanal der zur Verfügung steht – klassisch in der Filiale und am Telefon, Online natürlich am PC und mobil bis zur Spracherkennung und dem Chatbot – alle nur möglichen Angebote platzieren und den Kunden in jenem Kanal abholen, in dem er mit uns eben kommunizieren will.“
„Digital Banking ist mehr als nur eine Technologie, sondern es erfordert Organisations- und Kulturwandel auf breiter Basis. Das Sicherstellen einer nahtlosen Kundenbetreuung ist ein Must-have jeder Omnikanal Strategie. Hybride Beratungsformen werden sich durchsetzen. Offline ergänzt Online in qualifizierender und differenzierender Form,“ so Markus Ott.
Von Amazon & Netflix lernen
Spracherkennung ist das Stichwort für IBM-Zwiefler, der von Chatbot-Systemen berichtet, die via „Sentimentanalyse“ das Kundengespräch in Echtzeit analysieren, um so herauszufinden, wie der Kunde auf Angebote reagiert. Um dann entsprechend nachzusteuern. Das sei jedoch alles nur ein Teil dessen, was, wie Zwiefler anschaulich macht, „eine Plattform wie Amazon bereits in Perfektion beherrscht: Dort wird alles dem Maximieren des Erfolgs beim Kunden untergeordnet, die verfügbaren Daten aus unterschiedlichsten Quellen zur Kundenanalyse und Bedienung vernetzt … oder denken Sie an Netflix: Da werden Vorlieben analysiert, Schauspieler, Genres und Themen vorgeschlagen…”. Zwiefler gibt eine Richtung vor: „Lernen wir von diesen Systemen, wie es gehen könnte!“
Moderator Ott fasst bündig zusammen: „AI – Artificial Intelligence – beziehungsweise Zusammenführung, Auswerten und entsprechendes Operationalisieren von Daten – wie am genannten Beispiel Amazon & Netflix – wird eine Kernkompetenz von Banken werden müssen, damit nicht andere Branchen komplexe Bankgeschäfte wie Finanzierungen, Vorsorgeprodukte et cetera übernehmen.“